Demenz-Forschung per App

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Demenz entwickelt sich immer stärker zu einer neuen Volkskrankheit. Dabei ist die Krankheit relativ unerforscht. Die Telekom hat jetzt erstmals ein Smartphone-Spiel entwickelt, mit dem Wissenschaftler Daten generieren, um die Forschung einen großen Schritt nach vorn zu bringen.

Es ist Nacht und es regnet Vulkanasche auf das kleine Boot. Die Sicht ist auf wenige Meter begrenzt. In dem Labyrinth aus vielen kleinen Buchten und Inseln, gilt es möglichst schnell den richtigen Kurs zu finden und die nächste Boje anzusteuern. Doch in dem Gewirr sieht alles gleich aus. Muss man hier rechts oder links um die Insel? Nicht ganz einfach, hier ist guter Orientierungssinn gefragt – und um genau den geht es in diesem Spiel Sea Hero Quest.

Ziel des Smartphone-Spiels ist es, einen Teil der drei Milliarden Stunden, die Menschen weltweit jede Woche mit Onlinespielen verbringen, für die Forschung zu nutzen. Das Konzept scheint aufzugehen, denn bereits wenige Wochen nachdem die Deutsche Telekom Sea Hero Quest vorgestellt hat, haben weltweit mehr als zwei Million Menschen die App heruntergeladen. Hinter dem bisher einmaligen Projekt verbirgt sich neben der Telekom, das University College London, die University of East Anglia, die gemeinnützige Organisation Alzheimer’s Research UK sowie der Spieleentwickler Glitchers.

Abenteuer auf hoher See

Die Handlung des Spiels: Auf dem Meer erlebt ein Seemann mit seinem kleinen Sohn viele Abenteuer. Mit zunehmendem Alter verblassen jedoch seine Erinnerungen an die Entdeckungsfahrten und die seltenen Meeresungetüme. Der Sohn entschließt sich dieses Wissen zu retten, indem er die alten Routen des Vaters noch einmal abfährt und dabei unterschiedliche Aufgaben löst.

„Die Spieler sind beispielsweise aufgefordert, eine Leuchtrakete zurück zu dem Punkt zu schicken, an dem sie gestartet sind. Wissenschaftler können so feststellen, wie gut Spieler ihren Startpunkt zurückverfolgen können“, sagt Professor Stephan A. Brandt, stellvertretender Direktor an der Klinik für Neurologie der Charité in Berlin, der die Telekom bei dem Projekt wissenschaftlich berät. „Das Besondere an dem Spielkonzept ist, dass man durch die unterhaltsamen Aufgaben systematisch dazu inspiriert wird, verschiedene Arten der räumlichen Orientierung anzuwenden und bestimmte Transferleistungen zu machen, die den Charakter einer neuropsychologischen Untersuchung haben“, erklärt Professor Brandt. Steuert der Spieler sein Boot durch ein Labyrinth, erhalten die Wissenschaftler Daten darüber, wie das Gehirn einen Menschen durch einen dreidimensionalen Raum lenkt und welche Entscheidungen es dabei trifft. Dafür wird alle 0,5 Sekunden der Weg des Spielers über ein definiertes räumliches Raster erfasst.

Zwei Minuten ersetzen 50 Jahre Forschung

„Alle Spieler zusammen haben bislang Navigationsdaten gesammelt, deren Erhebung unter Laborbedingungen mehr als 1.500 Jahre benötigt hätte“, erklärt Prof. Michael Hornberger, Professor für Demenzforschung an der Universität von East Anglia. Die Projektteilnehmer des Spiels schreiben der traditionellen Forschungsmethode eine Orientierungsentscheidung (= ein Datenpunkt) pro Minute zu. Das Konzept des Onlinespiels hingegen beinhaltet Methoden des maschinellen Lernens, um jedes Manöver des Spielers zu interpretieren und zu analysieren und sammelt so 150 Datenpunkte pro Minute. Hornbergers Fazit: „Spielen 100.000 Menschen das Spiel nur zwei Minuten lang, werden so viele Daten gewonnen wie in 50 Jahren herkömmlicher Forschungsarbeit. Damit die Forscher die gewonnenen Daten möglichst gut nutzen können, ist es wichtig, dass möglichst viele Spieler Angaben zu Alter, Geschlecht und Herkunftsland machen.“

Diese Daten werden dringend gebraucht. Denn kaum eine Krankheit wächst so schnell und ist so wenig erforscht wie Demenz. Alle 3,2 Sekunden wird bei einem Menschen die Krankheit diagnostiziert. Die Einschränkung der räumlichen Orientierung ist bei vielen Demenzkranken ein frühes und alltagsrelevantes Symptom. Forschern in aller Welt liegen zwar Daten von Erkrankten vor, aber kaum Vergleichsdaten von gesunden Menschen. Sea Hero Quest schafft hier Abhilfe. Mit dem Spiel erhalten Wissenschaftler erstmals anonyme Daten über das Navigationsverhalten und die räumliche Orientierung von Millionen Menschen unterschiedlichen Alters über den gesamten Globus.

Schleichend zur Volkskrankheit

Demenz kann jeden treffen – unabhängig von Alter, erblicher Veranlagung, Lebensstil oder sozialem Status. Das Schlimme: Demenz schränkt vor allem das Erinnerungsvermögen ein, führt zu Desorientierung und Isolation. Schätzungen zufolge leben weltweit knapp 50 Millionen Menschen mit einer Form von Demenz, wie zum Beispiel Alzheimer. Nach Angaben des „Global Alzheimer’s Report 2015“ werden im Jahr 2050 rund 135 Millionen Menschen von Demenz betroffen sein, davon nach Schätzungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft rund drei Millionen in Deutschland: Damit entwickelt sich Demenz langsam aber sicher zu einer Volkskrankheit und stellt eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Gesellschaft dar.

Zudem tappen die Forscher bei vielen Fragen auch noch im Dunkeln: Zum Beispiel worin unterscheidet sich die Krankheit von anderen Alterungsprozessen? Wirksame Therapien, die Demenz aufhalten oder heilen, gibt es bisher nicht. „Sea Hero Quest zeigt, welche enormen Chancen und Möglichkeiten die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet. Nämlich ganz neue Ansätze, Daten für die Forschung zu erheben und Therapien so wesentlich besser und schneller zu entwickeln“, sagt Dr. Axel Wehmeier, Geschäftsführer der Telekom Healthcare Solutions. Zum Vergleich: Die bisher größte Studie zur räumlichen Orientierung umfasste 600 Teilnehmer – Sea Hero Quest wurde wenigen Wochen nach Veröffentlichung bereits über zwei Millionen Mal heruntergeladen, so Wehmeier. Und wer weiß, vielleicht ist Sea Hero Quest der Auftakt für eine ganz neue Form der Forschung, bei der Wissenschaftler Daten mithilfe von mobilen Spielen erheben.

IOS Download:

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Android Download:

[appbox appstore]com.glitchers.catchhero&hl=de[/app]


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